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Brennverfahren

Wie Schottland Whisky und Irland Whiskey brennen

In einem alten Steinhaus an der windgepeitschten Küste Schottlands zischt Dampf durch kupferne Brennblasen. Tausend Kilometer weiter westlich, in einem irischen Tal voller grüner Hügel, fliesst edles Destillat durch dreifach geschwungene Rohre. Zwei Länder, zwei Welten – und doch verbindet sie eine jahrhundertealte Liebe zum flüssigen Gold: dem Whisky - oder Whiskey. Schon bei der Schreibweise fangen die Unterschiede an.

Doch worin unterscheiden sich schottischer und irischer Whiskey wirklich – vor allem im Brennverfahren? Und wie beeinflusst das den Charakter im Glas?

Schottlands Stolz: Charakter durch Zweifachbrennen

In Schottland wird traditionell zweifach destilliert – und das mit voller Absicht. Denn weniger Destillationen bedeuten: mehr Ecken, mehr Kanten, mehr Charakter.

Der schottische New Make, also das Rohdestillat nach dem Brennen, enthält mehr Aromastoffe, die beim Reifen im Fass für Tiefe sorgen. Diese zusätzlichen Verbindungen sorgen dafür, dass der Whisky beim Trinken oft kräftiger, erdiger und komplexer wirkt. Manche beschreiben ihn als „robust“, andere als „herausfordernd“, aber kaum jemand nennt ihn langweilig.

Ein weiterer, weltberühmter Unterschied: Torf. Vor allem auf der Insel Islay wird die Gerste über Torffeuer getrocknet – das verleiht dem späteren Whisky eine rauchige, fast medizinische Note, die Fans weltweit feiern. Man sagt, entweder man liebt ihn oder man hasst ihn – dazwischen gibt es wenig.

Die Schotten spielen aber mit vielen Stilrichtungen: Von rauchig-maritimen Islay-Whiskys über fruchtig-elegante Speyside-Destillate bis hin zu nussigen Highlands – die Vielfalt ist enorm. Und das alles mit nur zwei Brennvorgängen.

„Schottischer Whisky ist wie ein altes Buch: reich an Geschichten, manchmal sperrig, aber voller Tiefe.“
Whisky-Kritikerin Fiona MacLaren

 Irlands Philosophie: Sanft durch Dreifachbrennen

In Irland steht Reinheit im Vordergrund. Die meisten irischen Whiskeys – besonders die traditionellen – werden dreifach destilliert. Das heisst, das Destillat durchläuft nicht zwei, sondern drei Brennvorgänge in grossen Kupferkesseln, sogenannten Pot Stills. Jeder Durchlauf entfernt weitere Fuselöle, Rückstände und Unreinheiten – was bleibt, ist ein besonders leichter, feiner Alkohol, fast klar und von zurückhaltender Eleganz.

Dieser Prozess ist aufwendig, aber typisch für Irland. Die dritte Destillation sorgt dafür, dass irischer Whiskey weich, mild und geschmeidig ist – oft mit Noten von Honig, Vanille, Blumen und reifen Früchten. Der Alkoholgehalt des frischen Destillats ist am Ende höher als bei der zweifachen Destillation, aber weniger kantig. Irischer Whiskey ist der freundliche Gastgeber, der dich willkommen heisst, bevor du überhaupt an der Tür klopfst.

Ein besonderes irisches Markenzeichen ist auch eine Mischung aus gemälzter und ungemälzter Gerste, der Irische Pot Still Whiskey. Diese Kombination verleiht dem Whiskey nicht nur Tiefe und Würze, sondern auch eine leicht cremige, ölige Textur, die ihn unverwechselbar macht.

„Der dritte Brennvorgang ist wie ein Feinschliff für ein Juwel – nicht nötig, aber es bringt das Funkeln zum Vorschein.“
Daniel Kissling, Whiskey-Enthusiast TWCC

Geschmacklich getrennte Wege

Diese Unterschiede im Brennverfahren zeigen sich deutlich im Glas. Irischer Whiskey hat oft eine leichte Süsse, florale Noten, manchmal fruchtig, gar nach Pfirsich duftend und mit sanfter Textur. Er ist rund, beinahe cremig und angenehm zugänglich – ein perfekter Begleiter für Geniesser, die milde Aromen bevorzugen oder gerade erst in die Welt des Whiskeys eintauchen.

Schottischer Whisky dagegen kommt häufig mit mehr Gewicht, mehr Tiefe und einem deutlich markanteren Auftritt daher. Ob torfig, fruchtig, würzig oder nussig – er verlangt Aufmerksamkeit. Ein Schluck erzählt Geschichten von stürmischen Küsten, alten Steinhäusern und Jahrhunderten handwerklicher Tradition.

Das Wissen dahinter

Beide Länder vereint eine grosse Brennkunst. Beide Verfahren erfordern jeweils ganz eigene Kenntnisse.

In Irland bedeutet das feinste Abstimmung bei jeder der drei Destillationen. Jede Temperatur, jedes Zeitfenster, jeder Schnitt in Vor-, Mittel- und Nachlauf muss präzise gewählt sein, sonst leidet der sanfte Charakter. Die hohe Reinheit des Destillats ist kein Zufall, sondern das Ergebnis jahrzehntelanger Erfahrung. In Irland werden hauptsächlich Bourbon Fässer verwendet.

Die Schotten hingegen setzen auf vielfältige Destillations-Formen, lange Gärzeiten und präzise „Cuts“, um möglichst viel Aroma im Mittellauf zu bewahren. Ausserdem spielt die Fassauswahl in Schottland eine besonders grosse Rolle: Bourbonfässer, Sherry Butts, Port Pipes – alles ist erlaubt, wenn es dem Geschmack dient.

Typisch Schottisch, typisch Irisch

In Irland trinkt man vielleicht einen Middleton, weich, würzig, komplex mit dunklen Fruchtnoten, Vanille und Nuss oder einen Teeling, gereift in Rumfässern, mit tropischer Frische. Aber auch ein Nordire Echlinville, welcher für traditionelle irische Brenn-Kunst, kombiniert mit modernem Qualitätsanspruch steht, ist eine Besonderheit und spannend für Liebhaber authentischer, terroirbetonter Whiskeys, mit seinen leichten Leder- und Teenoten.

In Schottland reicht das Spektrum vom rauchigen Ledaig, der nach Tabak und Leder duftet, bis zu den eleganten Glentauchers oder Glenrothes, mit Tropenfrüchten und Vanille. Und wer etwas wirklich Intensives will, greift zu einem Laphroaig (Drum Mòr) – Rauch, Salz und Torf in flüssiger Form.

Zwei Kulturen, ein Ziel

Ob Irland oder Schottland – beide Länder brennen mit Hingabe. Die einen streben nach Eleganz und Reinheit, die anderen nach Tiefe und Charakter. Am Ende führen beide Wege zu grossem Genuss – nur eben auf ganz unterschiedliche Art.

Vielleicht ist genau das die Magie! Zwei Nationen mit dem gleichen Grundrezept – Wasser, Getreide, Hefe – können so unterschiedliche Erlebnisse im Glas erschaffen und dabei dem Geniesser auch die Seele des Landes spüren lassen.

Zum Schluss sei aber gesagt, dass irische Mönche die Kunst der Destillation von «uisge beatha» nach Schottland brachten!

Sláinte und Cheers!

Euer TWCC-Team

PS 1: es hat spannende Abfüllungen aus Schottland und Irland in unserem Shop und auch unser Fasslager verspricht rare, ausserordentliche Köstlichkeiten in der Zukunft

PS 2: „Uisge beatha“ ist Gälisch und bedeutet wörtlich „Wasser des Lebens“.